Ehrgeizige Ziele beim Klimaschutz hat sich die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, VÖZ, mit der Erstellung ihrer Roadmap gesetzt. Denn für die Umsetzung dieser sind innovative Lösungen im Kontext der Transformation der Wertschöpfungskette Zement und Beton gefragt – von materialtechnischen Optimierungen über den Einsatz sekundärer Rohstoffe bis zur Abscheidung der CO2-Emissionen, Weiterverarbeitung und gegebenenfalls geologischen Speicherung (CCUS). Zentral für das Gelingen der tiefgreifenden Transformationsprojekte sind jedoch die langfristige Planungssicherheit und die Finanzierbarkeit für die österreichischen Unternehmen.
„Die Schaffung und Sicherstellung von grünen Leitmärkten sind die Schlüssel, um die gewaltigen Investitionen in Europa absichern zu können. Denn die notwendige Transformation wird die Produktionskosten deutlich erhöhen“, so Haimo Primas, Präsident der VÖZ. „Diese Kosten müssen in den heimischen Märkten umgelegt werden können, ohne sofort verdrängt zu werden, Stichwort Carbon Leakage. Neue Instrumente wie CBAM, also der Schutz vor Ökodumping, oder die Realisierung der EU-Taxonomie müssen den europäischen Industriestandort in dieser Transformation absichern.“
Klare Signale setzt der neu gewählte Präsident des Cembureau, Jon Morrish: „Wir brauchen dringend politische Rahmenbedingungen für Investitionen in Europa, sonst schafft unsere Branche den Übergang in eine emissionsarme Industrie nicht. Der Clean Industrial Deal muss unverzüglich und transparent umgesetzt werden.“
Ausgezeichnete Fortschritte
Derzeit arbeiten die heimischen Mitgliedsunternehmen an der Markteinführung eines deutlich CO2-reduzierten Zements: Der so genannte CEM II/C-Zement wurde in mehrjährigen Forschungsprojekten entwickelt und erfolgreich zugelassen. Mit einem Anteil von 50 Prozent Zementklinker weist dieser Zement einen CO2-Fußabdruck von nur mehr 327 Kilogramm CO2 pro Tonne auf (bisherige Durchschnitts-EPD der VÖZ: 493 Kilogramm CO2 pro Tonne). Damit hergestellte typische Betone für den Hochbau liegen dann in einem Bereich von 110 bis 130 Kilogramm CO2 pro Kubikmeter. Sebastian Spaun, VÖZ-Geschäftsführer, sagt: „Die ersten 200.000 Tonnen CEM II/C sind bereits erfolgreich am Markt angekommen und erregen Aufsehen: Die Entwicklung dieses klinkerreduzierten Zements und die erfolgreiche Errichtung erster Demonstrationsprojekte gemeinsam mit der Salzburg Wohnbau GmbH wurden aufgrund des hohen CO2-Einsparpotenzials mit dem ACR-Innovationspreis 2024 ausgezeichnet.“
Mehr Zement, weniger CO2
652,6 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftete die österreichische Zementindustrie 2024 – um 6,6 Prozent mehr als im Jahr davor. Insgesamt produzierten die acht Zementwerke 2024 an die 4,512 Millionen Tonnen Zement – 2,1 Prozent mehr als im Vorjahr. „Dieses Ergebnis spiegelt nicht den österreichischen Zementmarkt mit minus 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Unsere Mitglieder haben aufgrund der schwierigen Lage der Bauwirtschaft Exportmöglichkeiten gesucht, die meiner Meinung nach aber nicht nachhaltig bedienbar sind. Die Schaffung von leistbarem Wohnbau muss nun dringend zur Priorität der neuen Bundesregierung werden“, fordert Haimo Primas. Eine erfreuliche Tendenz zeigt sich bei der weiteren Steigerung des Einsatzes alternativer Brennstoffe. „Mit einer Ersatzbrennstoffrate von nunmehr 88 Prozent haben wir uns im internationalen Vergleich abermals an die Weltspitze katapultiert“, so Spaun. Auch bei den CO2-Emissionen kann die VÖZ Erfolge melden: So sanken diese um 7,9 Prozent auf absolut 2,082 Millionen Tonnen. Musterschüler ist die österreichische Zementindustrie ebenso bei der Minderung klassischer Luftschadstoffe (NOx, SOx und Staub).
„Auch in Bezug auf Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung konnten wir unsere europäische Spitzenposition ausbauen. Bereits seit Ende der 1990er Jahre beschreiten wir konsequent den Weg der Kreislaufwirtschaft“, sagt Haimo Primas. „Wir befinden uns trotz vieler Herausforderungen auf einem erfolgsversprechenden Weg“. 533 Kilo Sekundärstoffe (Ersatzstoffe und alternative Brennstoffe) wurden bei der Herstellung pro Tonne Zement eingesetzt; ein Plus von 1,5 Prozent beim sogenannten Ressourcenschonungsfaktor.
Von Wien aus in die europäische Handballwelt
Ihre Pressekonferenz konnte die VÖZ wieder in einem Leuchtturmprojekt des zukunftsfähigen Bauens abhalten: Mit dem European Handball House, dem Sitz der europäischen Handballverbände, gelang den Architekten Burtscher Durig ein nachhaltiges Meisterstück. Immerhin: Das Gebäude erhielt bei der klimaaktiv-Zertifizierung 957 von 1.000 Punkten und entspricht damit dem Gold-Standard. Büroflächen für über 120 Mitarbeitende aus 25 Ländern, ein 250 Quadratmeter großer Vortragssaal, mehrere Besprechungsräume sowie ein eigenes TV-Studio sind hier im Stadtquartier@WienArena in St. Marx entstanden.
„Wir haben für die European Handball Federation als internationalen Verein mit vielfältigen Perspektiven, Ausblicken und Mitgliedern, ein Haus geschaffen, das den kommunikativen Spirit dieser Organisation durch eine Split-Level-Aufteilung der Geschosse in den Mittelpunkt stellt“, so die Architektin Marianne Durig. „Mit dem Betonbau wurde die Klimastrategie 2050 gewürdigt und ein von herkömmlichen Energieträgern unabhängiges Gebäude umgesetzt.“ 240 Quadratmeter PV auf dem Dach erzeugen umweltfreundliche Energie, eine Grundwasserwärmepumpe sorgt für effiziente Wärme- und Kältebereitstellung. Bauteilaktivierung, emissionsarme Baustoffe und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sorgen für höchsten Komfort im Innenraum. Begrünte Dachterrassen und ein gärtnerisch gestalteter Freiraum begünstigen das Mikroklima.
Übrigens: Wer mehr über Entwicklungen rund um den Baustoff Beton erfahren möchte, hat in zwei Wiener Museen die Gelegenheit dazu: In der neuen Dauerausstellung „Materialwelten“ im Technischen Museum Wien und bis 28. September in der Sonderausstellung „Eisenbeton – Anatomie einer Metropole“ im Wien Museum.